Staatsrecht

Verfassung vs. Bundesgesetz

In unserer Bundesverfassung steht:

Massgebendes Recht:
Bundesgesetze und Völkerrecht sind für das Bundesgericht und die anderen
rechtsanwendenden Behörden massgebend

Bundesverfassung der Schweizer Eidgenossenschaft Art. 190

Nun vorweg; Es kann sein, dass Bundesgesetze dem ausgedrückten Willens eines Verfassungsartikel widersprechen. Weshalb? Weil wir kein Verfassungsgericht haben, das Gesetzestexte auf verfassungskonformität überprüft, bevor diese in Kraft treten.

Einverstanden: Dies ist vereinfachte und abstrakte Version.

Vor allem die Corona-Politik liess mich mit Staatsrechtlern und Iuristen viel Zeit verbringen und so diskutierten wir immer wieder diesen in der Breite unbekannten Zustand. Und um das ganze zu veranschaulichen, möchte ich ein Beispiel aus der Coronazeit darstellen. (Wichtig, es geht mir nicht um die Wertung der Coronamassnahmen, aber es dient sehr schön zur Veranschaulichung):

Eine Angestellte, nennen wir sie Vreneli, wird von ihrem Chef damit konfrontiert, dass sie die Arbeitsstelle weiterhin nur behalten kann, wenn diese sich impfen liesse. Vreneli empfindet dies nötigend und aus persönlichen Gründen nicht akzeptabel. Sie fechtet die gefolgte Kündigung rechtlich an und landet letztinstanzlich beim Bundesgericht. Vreneli, als motivierte Schweizerin, wedelt wie wild mit dem roten Büchlein, der Bundesverfassung vor dem Bundesrichter hin und her. Sie verweist souverän auf den Artikel 10 Abs. 2, dass sie das Recht auf körperliche Unversehrtheit habe. Der ehrenwürdige Richter wird bestätigen, dass Vreneli gemäss Verfassung tatsächlich habe. Doch geht es um die Kündigung. Und hier steht eindeutig im Artikel 190, dass der Richter nur Bundesgesetze und Völkerrecht bei der Urteilsfindung beiziehen darf. Und im Bundesgesetz zu Covid steht, dass der Bundesrat bestimmte Personengruppen zur Impfung verpflichten kann.
Nun unterliegt die Branche einer solchen Personengruppe. So gesehen wird der Richter sich auf das Gesetz berufen und Vreneli Unrecht zusprechen müssen. Natürlich gibt es noch ein Arbeitsrecht etc. Aber es soll ja auch nur veranschaulichend wirken.


Lösung(en):

Ein Verfassungsgericht, was überdies bereits oftmals politisch diskutiert wurde, wäre eine mögliche Lösung, doch ebenso eine massiv verwaltungstechnische Herausforderung.

Mein Vorschlag wäre das Anpassen der Verfassung wie sinngemäss folgend:
Art. 190 (neu zu ergänzen):

Varianten:

Bundesgesetze und Völkerrecht sind für das Bundesgericht und die anderen rechts-
anwendenden Behörden massgebend, sofern das Urteil nicht im Widerspruch zur Verfassung steht.

Verfassung, Bundesgesetze und Völkerrecht sind für das Bundesgericht und die anderen rechts-
anwendenden Behörden massgebend.

Bundesgesetze und Völkerrecht sind für das Bundesgericht und die anderen rechts-
anwendenden Behörden massgebend. Die Schweizerische Bundesverfassung darf bei der Rechtsprechung nicht verletzt sein.

Hier mein Workpaper für eine entsprechende Volksinitiative: